Volkan Vural Hans-Josef Thouet Prof. Dr. Hildegard Reiz Prof. Dr. Hans Brög
Botschafter der Republik Türkei Honorarkonsul der Republik Türkei Kulturdezernentin der Stadt Aachen Gerhard-Mercator-Universität Duisburg

Prof. Dr. Hans Brög

zur Ausstellung 1990 in Duisburg

Frau Geisselhardt arbeitet mit antiken osmanischen Textilien und da es sich um Bruchstücke, um Fragmente handelt, werden diese bewahrt, konserviert, so, wie sie es in dieser Ausstellung sehen. Fundstücke werden in besonderer Weise selegiert, komponiert mit Neuem, der eigenen Kreativität entsprungen, zusammengefügt.

Ganz klar setzen sich die osmanisch türkischen Textilien vom Fond, vom Dazukomponierten ab. Der Künstlerin geht es nicht um Nachahmung der Kunst, die sie bewundernd konserviert und in neuem Zusammenhang bewahrt und zu neuer Beachtung verhilft. Es geht vielmehr darum, den Fragmenten zu dienen, das ist die eine Seite, sie dabei aber so in Dienst zu nehmen, daß es der eigenen Künstlerschaft zu Ehre gereicht, das ist die andere Seite. Selegieren, Kombinieren können, sind die entscheidenden Kreativitätsfaktoren, die ich schon nannte und die in Anschlag gebracht werden müssen. Dies sind morderne Möglichkeiten Kunst zu machen, die durch M. Duchamp eingeführt wurden. Narürlich wird man auch dadurch auf Duchamp gestoßen, daß man feststellt, daß und auf welche Weise die ursprünglichen Funktionen der textilen Fundstücke durch die Künstlerin umgewidmet werden. Zweckgebundene Textilien werden zum zweckfreien ästhetischen Objekt.

Wie schwierig es ganz offensichtlich ist, die Art des Arrangements zu erzwingen, das und das kulturell Fremde - eingebettet in die Konstituanten, die die Künstlerin hinzutut - vertraut macht, verraten die häufig rechtwinkligen Rythmen. Dieser stetige Rahmenbezug, der die künstlerische Ganzheit in ein Horizontal-Vertikal-Gitter einspannt, garantiert dem Betrachter die ästhetische Befriedigung. Der Zirkelschlag als offener Kreis ist ein weiterer Kunstgriff, um die übersummative Bildgestalt zu stiften. Thematisch werden wir in fantastische Welten versetzt. Gold zeigt nicht nur das Wertvolle, das nicht Alltägliche, sondern auch das Entrückte an. Wir spazieren in Parklandschaften, nähern uns Schloßfassaden, spazieren in Städten. Nie wird dabei Bildfläche als Fläche aufgetan, wird nie zum illusionistisch, perfektem Raum degradiert. Simultandarstellungen von Grundriß und Aufriß, wie wir das aus dem frühen Kubismus kennen, zeigen Dreidimensionalität an, ohne diese zu illusionieren. Dies ist gut so, das verrät ein sensibles Gespür für die Spezifika der bildenden Kunst als Flächenkunst.

Erwähnen will ich auch - weil es garnicht einfach ist, der Versuchung zu widerstehen, mit diesem Material erzählenden Darstellungen zu verfallen - daß uns die Bilder zwar zu reichen Vorstellungen animieren, selbst aber nicht narrativ sind.

Ist es eigentlich notwendig beim Blick auf diese Bilder noch an das Bewahren-Wollen, die originäre Motivation der Künstlerin zu denken? Ich glaube nicht. Diese Bilder lassen die Beweggründe der Künstlerin sekundär werden.

Prof. Dr. Hans Brög


Volkan Vural Hans-Josef Thouet Prof. Dr. Hildegard Reiz Prof. Dr. Hans Brög
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